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Meldung Nordspitze

Hans Joachim Kürtz, langjähriger ZDF-Studioleiter in Kiel und seit 68 Jahren im DJV, feierte 90. Geburtstag

Ein Nordlicht durch und durch

17.07.2023

Hans Joachim Kürtz in seiner Wohnung in Heikendorf bei Kiel (Foto: Arnold Petersen)

Viele fürchten, mit dem Ruhestand in ein Loch zu fallen. Nicht so Hans Joachim Kürtz. 32 Jahre war er Leiter des von ihm aufgebauten Kieler ZDF-Studios für Schleswig- Holstein und Skandinavien, dann ging er auf eigenen Wunsch mit 62 Jahren vorzeitig in Pension – um frei zu arbeiten und weitere Bücher zu schreiben. Über 27 Jahre ist das her. Am 5. Mai feierte der versierte Journa- list, begeisterte Fotograf und fleißige Autor seinen 90. Geburtstag. Viel beschäftigt ist er immer noch.

„Ich habe so viel erlebt, konnte das aber im Fernsehen oft nur andeuten“, erläutert Kürtz im Rückblick seinen Abschied aus dem aktiven Berufsleben. Er war eine journalistische Autorität im Norden, hochgeachtet im Kollegenkreis wie in der Politik. Von seiner Kreativität zeugen ebenso 20 Bücher, bei denen er Autor, Mitautor, Fotograf oder Herausgeber war: über seine alte Heimat Pommern, Schleswig-Holstein, über Historisches und über Grönland, seine große Leidenschaft. Dorthin brach er für das ZDF erstmals 1968 auf. „Grönland wurde mein allerliebstes Ziel“, schwärmt der vielseitig inte- ressierte Pensionär. „Über 50 Mal war ich dort, in Summe etwa eindreiviertel Jahre.“

Jetzt widmet er sich einer weiteren Leidenschaft. Kürtz sammelt altes Papier und verkauft es auch. „Mein Exportgeschäft geht bis nach China, Vietnam und Australien.“ Zum einen hat er im Laufe von Jahrzehnten eine breite Sammlung der allerersten Illustrierten erworben. Die kamen 1842 in London auf den Markt und wurden bald auch in deutschen Landen populär. Die Erfindung des Holzstichs hatte es möglich gemacht, Grautöne zu drucken. So konnten Texte erstmals bebildert werden, basierend auf Skizzen, die Illustratoren vor Ort vom Geschehen anfertigten: die Geburt des Bildjournalismus.

Zum anderen ist der frühere ZDF-Mann Billionär. Er besitze eine der größten Sammlungen von schleswig-holsteinischem Notgeld aus der großen Inflation der Weimarer Republik, sagt Kürtz mit einem Anflug von Stolz. Gerade hat er ein Album mit über 1000 Scheinen über Ebay nach Hanoi verkauft. Als Notgroschen für das Alter sei das Notgeld aber nicht die beste Anlage gewesen, winkt er ab. Für ihn zählen die Freude und die Kontakte, die er dadurch hat. Auch Teile seiner rund 120 Bände mit historischen Illustrierten gibt er an Museen und Stadtarchive ab. Und er liest immer wieder begeistert in den alten Ausgaben. „Ich freue mich, was ich alles in den Illustrierten finde und habe meinen Spaß daran.“ Schon manche schöne Geschichte aus alten Zeiten sei dabei für die eine oder andere Lokalzeitung entstanden.

Bei einer Lokalzeitung startete Kürtz auch seine berufliche Karriere. Nach der Flucht aus der Heimat bei Wollin verschlug es die Familie in die Nähe von Rendsburg. Dort absolvierte er nach dem Abitur ein Volontariat bei der Tagespost, wechselte zum Flensburger Tageblatt und landete schließlich in Kiel, wo er sich als Korrespondent für Welt, FAZ und NDR selbständig machte. „Ich dachte, das machst Du immer weiter, dann kam die große Änderung“, verweist er auf den 1. April 1963, als das ZDF auf Sendung ging. In allen Bundesländern gab es Landesstudios, „nur Kiel hatte man irgendwie vergessen“, so Kürtz.

Ein Freund und Kollege aus dem ZDF-Fernsehrat ermunterte ihn, doch mal beim Sender vorzusprechen. Schon eine Woche später traf er sich mit dem damaligen Intendanten am Hamburger Flughafen. „Als ich wieder zurück nach Kiel fuhr, war ich Studioleiter“, schildert Kürtz die unerwartete Blitzkarriere. Er blieb es bis 1995. Kein anderer war so lange ortstreu, wohl kein Zweiter in seinem Bundesland so verwurzelt. Lukrative Angebote, in die Zen- trale zu wechseln, lehnte er konsequent ab. „Ich wollte hier oben nicht weg, hier war ich mein eigener Herr. Außerdem brauchte ich das Meer und die frische Luft.“

Hinzu kam, dass er sein Einsatzgebiet Zug um Zug auf ganz Skandinavien ausdehnen konnte. Ob es um nordische Königshäuser, die KSZE-Schlussakte von Helsinki oder den blutigen RAF-Überfall auf die deutsche Botschaft in Stockholm ging – der Mann aus Kiel war vor Ort und berichtete. Seine Arbeit machte er immer mit vollem Einsatz, seine vielen Reisen nutzte er stets für interessante Fotos. Einmal, auf privater Buch-Recherche in Polen unterwegs, war er so gefesselt von möglichen Motiven, dass sein schnell mit offener Tür verlassenes Auto ruckzuck einen neuen Besitzer fand.

Noch treuer als dem Kieler Studio blieb Kürtz dem DJV. Seit 68 Jahren ist er Mitglied, Austritt war für ihn nie ein Thema. „Ich habe das entsprechende Formular nicht gefunden“, witzelt er. Tatsächlich war er von 1996 bis 2000 ein engagierter Vorsitzender des DJV in Schleswig-Holstein, wurde dann das einzige Ehrenmitglied. Ebenso verwaltete er für viele Jahre die Kasse der Kieler Landespressekonferenz. Seine Buchführung mittels einer kleinen Kladde war legendär. Als ein neues Mitglied einmal fragte, wie lange der Kollege das bereits mache, hieß es „schon immer“. Dieses „schon immer“ zieht sich ein bisschen wie ein roter Faden durch die Kieler Zeit von Hans Joachim Kürtz. Möge es noch lange so bleiben. 

(Arnold Petersen)

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