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Meldung Nordspitze

Aktueller Rechtsfall

Kündigung: Anhörung des Betriebsrats ist Pflicht

17.07.2023

Auch wenn Gesetze ausnahmsweise klar und eindeutig formuliert sind, bedeutet das nicht zwingend, dass Arbeitgeber
und Betriebsrat ein übereinstimmendes Verständnis der gesetzlichen Pflichten haben. Ein solcher Fall hat im vergangenen Jahr das Landesarbeitsgericht in Frankfurt/ Main (LAG) beschäftigt (Az: 16 TaBV 191/21; https://www.rv.hessenrecht.hessen.de/ bshe/document/LARE220003506): Ausgangspunkt des Konfliktes zwischen den Betriebsparteien war der Paragraf 102 des Betriebsverfassungsgesetzes (BetrVG).

Diese Vorschrift sieht vor, dass der Arbeitgeber den Betriebsrat vor jeder Kündigung anhören muss. Wörtlich heißt es in Paragraf 102 Abs. 1 BetrVG: „Der Betriebsrat ist vor jeder Kündigung zu hören. Der Arbeitgeber hat ihm die Gründe für die Kündigung mitzuteilen. Eine ohne Anhörung des Betriebsrats ausgesprochene Kündigung ist unwirksam.“ Im vorliegenden Fall hatte der Arbeitgeber jedoch mehrfach gekündigt, ohne den Betriebsrat anzuhören und war auch vom Betriebsrat abgemahnt worden. 

Dennoch kam es zu weiteren Kündigungen ohne Anhörungen. Daraufhin beantragte der Betriebsrat unter Verweis auf Paragraf 23 BetrVG beim Arbeitsgericht, dem Arbeitgeber Kündigungen ohne Anhörungen zu untersagen. Der Arbeitgeber verteidigte sich mit dem Hinweis darauf, dass es sich einerseits um ein Versehen des Personal- sachbearbeiters gehandelt habe und andererseits eine Kündigung mit Zustimmung des Rechtsbeistandes des Mitarbeiters erfolgt sei. Mit diesen Argumenten hatte der Arbeitgeber zunächst vor dem Arbeitsgericht Frankfurt Erfolg. Das Gericht wies den Antrag zurück.

Auf die Beschwerde des Betriebsrats hin korrigierte das LAG die Entscheidung der ersten Instanz und urteilte im Sinne des Betriebsrates: Der Arbeitgeber darf keine Kündigung ohne vorherige Anhörung gemäß Paragraf 102 BetrVG aussprechen. Das Einverständnis des Gekündigten ist für den kollektivrechtlichen Mitwirkungsanspruch des Betriebsrates ohne Belang. Das LAG machte deutlich, dass die unterbliebenen Anhörungen im Sinne des Paragraf 23 BetrVG einen groben Verstoß des Arbeitsgebers gegen seine gesetzlichen Verpflichtungen darstellen. 

(Stefan Endter)

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