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Pressemitteilungen

G20 – Journalisten als Betroffene

Polizei reagierte erst nach massiver Kritik des DJV 

11.10.2017

Seine Akkreditierung war Frank Bründel schnell wieder los. (Foto: Stephan Endter)

Bei der Mitgliederversammlung im August kritisierten die Hamburger DJVler die schleppende Aufklärung im Zusammenhang mit mutmaßlichen polizeilichen Übergriffen beim G20-Gipfe. (Foto: Stephan Wallocha)

Auch wenn G20 nun schon Monate zurückliegt, reißen die Negativ-Schlagzeilen nicht ab. Im Fokus der Berichterstattung stehen auch Journalisten als Betroffene. Dabei geht es konkret um massive Fehler bei Sicherheitsüberprüfungen von Berichterstattern, mutmaßliche Übergriffe von Polizisten auf Journalisten und den Eindruck mangelnder Aufklärungsbereitschaft. Zum Redaktionsschluss führte die Dienststelle für interne Ermittlungen (DIE) ein Vor- und 94 Ermittlungsverfahren gegen Polizeibeamte. Dies teilte die Innenbehörde auf Anfrage der NORDSPITZE mit.

Danach liegt der Schwerpunkt mit 78 Ermittlungsverfahren auf Körperverletzung im Amt (Paragraph 340 StGB), gefolgt von Nötigung (7) und Strafvereitelung im Amt (3). Laut Innenbehörde sind die Anzeigen hinsichtlich der Delikte in 31 Fällen von Amts wegen erstattet worden. Bereits während des G20-Gipfels hatten Journalisten körperliche Übergriffe von Polizisten gerügt. So war der DJV Hamburg mit Schreiben vom 5. Juli 2017 bei der Polizei vorstellig geworden. Der Brief blieb aber ebenso ohne Reaktion wie ein Schreiben des DJV-Bundesvorsitzenden Frank Überall an den Polizeipräsidenten. Die Mitgliederversammlung des DJV Hamburg reagierte verärgert und forderte Innensenator Andy Grote und die Polizeiführung am 23. August auf, endlich tätig zu werden. Im Hamburger Abendblatt schrieb Jens Meyer-Wellmann: „G20 – Journalistenverband schreibt Brandbrief“. Wenig später meldete sich die Polizei dann beim DJV in Berlin und in Hamburg. Es fand ein konstruktives Gespräch zwischen Überall und dem Polizeipräsidenten Ralf Martin Meyer statt, an dem auch der Polizei-Pressesprecher Timo Zill, DJV-Pressesprecher Hendrik Zörner und der Hamburger DJV-Landesgeschäftsführer Stefan Endter teilnahmen. Polizeipräsident Meyer sagte zu, in Zukunft vor der Weitergabe von Daten im Rahmen von Auskunftsersuchen eine Prüfung durch den Datenschutzbeauftragten seiner Behörde vornehmen zu lassen.

Die Vorwürfe, deren Aufklärung der DJV fordert, wiegen schwer. Da ist der Fall des Freien Bildjournalisten Frank Bründel. Bründel hatte zunächst eine G20-Akkreditierung erhalten. Sein Name fand sich später auf einer Liste von Berichterstattern, die man für so gefährlich hielt, dass ihnen die Akkreditierung wieder entzogen wurde. Über Bründel hatte das Landeskriminalamt Hamburg dem Hamburger Verfassungsschutz gemeldet, er sei während der „revolutionären 
1. Mai-Demo“ festgenommen worden. Der Verfassungsschutz schrieb daraufhin über Bründel an das Bundeskriminalamt unter Verweis auf die Festnahme, die es nicht gab: „Es liegen tatsächliche Anhaltspunkte dafür vor, dass er einer gewaltbereiten Bewegung angehört oder diese nachdrücklich unterstützt.“ Nichts davon entspricht den Tatsachen. Der Bildjournalist hat den DJV Hamburg mit der Wahrnehmung seiner Interessen beauftragt. Der Fall Bründel ist kein Einzelfall. Auch andere Berichterstatter fanden sich in Polizeidateien, in denen sie nie hätten gespeichert werden dürfen. Der Hamburgische Datenschutzbeauftragte Johannes Caspar hat eine umfangreiche Untersuchung angeordnet.

Ein weiterer DJV-Kollege berichtet ebenfalls von einem Zwischenfall: Lukas Schepers, Master-Student an der Hochschule für Angewandte Wissenschaften (HAW), hatte als Redakteur der Online-News-Plattform fink.hamburg vor Ort über G20 berichtet. Obwohl er sich mit seinem Presseausweis legitimierte, holten ihn mehrere Polizisten aus einem Imbiss. Schepers: „Von der Polizei hätte ich mir menschlicheres und besonneneres Verhalten gewünscht. Während des gesamten Gipfels wurde ich von ihnen an der Ausführung meiner Arbeit gehindert. Wege wurden versperrt, ich wurde mehrmals weggestoßen und mit gezielt über meinen Kopf geschossenem 
Reizgas auf Distanz gehalten. Die Berufung auf mein Recht, als Journalist durchgelassen zu werden, prallte von den schwarz gepanzerten Beamtinnen und Beamten ab. Jetzt erwarte ich natürlich wenigstens Aufklärung über die gesamten Vorgänge.“ Auch der Leiter des HAW-Studienganges, Christian Stöcker, selbst Journalist und Spiegel Online-Kolumnist, äußert sich kritisch: „Die Behandlung, die meinem Studenten am Abend des 6. Juli zuteil wurde, war völlig unangemessen und nicht akzeptabel. Obwohl er friedlich in dem Restaurant am Tisch saß und sofort seinen Presseausweis vorzeigte, wurde er von einer ganzen Gruppe Beamter aus dem Lokal und hinaus auf die Straße gedrängt, der Presseausweis landete auf dem Fußboden. Nachdem den Beamten klargeworden war, dass es sich offenbar um eine Verwechslung handelte, gab es trotzdem kein Wort der Entschuldigung. Die betreffenden Beamten stammten übrigens offenbar nicht aus Hamburg, sondern einem anderen Bundesland.“

Auch der Journalist Martin Eimermacher ist nicht gut auf die Polizei zu sprechen. Er informierte den DJV darüber, dass er anlässlich eines Polizeieinsatzes am Elbpark Entenwerder von Polizeibeamten geschlagen worden sei – obwohl er sich passiv verhielt und durch seinen Presseausweis legitimierte. Die Beamten hätten auch Reizgas eingesetzt. Auf Hinweis des DJV befasst sich nun die Dienststelle für interne Ermittlungen (DIE) mit der Sache. (Stefan Endter)

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